Dienstag, 19. Juli 2016

Endspurt


Noch 3 ½ Wochen bis zum Tag X, der Tag auf den ich seit fast sieben Monaten hinarbeite, der 13. August 2016, der Tag des Mauerweglaufes über 100 Meilen.

Was habe ich bisher gemacht? Im Januar hatte mich eine Bronchitis für den Wintermarathon aus dem Rennen genommen, an Training war nicht zu denken für gut zwei Wochen. Das merkte ich dann auch noch zum Frostwiesenlauf (30km) Anfang Februar. Dort dachte ich hinterher dann so:“ 20km hätten auch gereicht, so fit bin ich noch nicht wieder.“ 
Zieleinlauf beim Frostwiesenlauf
Der Ludwig-Leichhardt-Trail (52,5km) zwei Wochen später gestaltete sich zäh, aber machbar. Die Zeit war für mich ohnehin unwichtig, ich wollte nur ankommen.

Im März dann der Schneeglöckchenlauf über 30km lief super, ich kam gut unter 3h ins Ziel. Zum Test lief ich dann gleich am nächsten Tag noch die 10km beim Citylaufmit und war mit 56min. super zufrieden. Dazu kam noch das Laufcamp in Senftenberg, welches mein Trainer Heiko Wache von Laufen Total durchführte.

Zieleinlauf zum Kyffhäuser Berglauf
Dann kam der April. Dieser Monat hatte es ordentlich in sich. Den Auftakt bildete der Kyffhäuser Berglauf (Marathon). Eine Woche später ging es in den Spreewald zur 110km Radtour Samstag und einem Marathon am Sonntag. Das darauffolgende Wochenende war ich zum Zittauer Gebirgslauf über 35km mit ein paar guten hm dabei und zu guter Letzt habe ich mir noch am 30. April die Harzquerung über 51km gegönnt.
Spreewald-Marathon

Zittauer Gebirgslauf
Harzquerung
Der Mai stand voll und ganz im Zeichen des Rennsteig-Supermarathons, den ich unbedingt unter 9h finishen wollte, was mir letztlich mit einer Zeit von 8:53:xx auch sehr gut gelungen ist. Das machte Mut für die weiteren Vorhaben.





 








Anfang Juni dann der Lauf, der mir Anfangs die meisten Bauchschmerzen und schlaflose Nächte bereitet hatte – der Borderland Ultra (69km). Ich war dort gemeldet, damit ich noch einen langen betreuten Trainingslauf für den Juni bekam, aber die Strecke war mir aus dem Vorjahr als sehr unschön in meiner persönlichen Erinnerung geblieben und so richtig Lust dazu verspürte ich im Vorfeld nicht. Wie das Ganze jedoch am Ende ausging, hatte ich bereits ausführlich beschrieben. Manchmal kommt es eben anders als gedacht.



 



Zwei Wochen später noch eine Etappe beim Rennsteig-Staffellauf, zur Abwechslung mal kurz und schnell.





Im Juli schließlich sollte der Thüringen Ultra mit seinen 100km der letzte lange betreute Trainingslauf vor dem eigentlichen Jahreshöhepunkt sein. Auch dazu habe ich ja bereits berichtet.

 







Dazwischen immer Training nach den Plänen von Heiko, unter anderem auch mit solchen netten Sachen.







 
Und nun? Nun heißt es noch einmal Zähne zusammenbeißen für die letzten anstrengenden Trainingswochen. An den Wochenenden stehen lange, sehr lange Läufe im Plan. Hier muss ich sehen, dass ich meinen Schweinehund irgendwie überlisten kann, denn genau diese langen Trainingsläufe so ganz alleine sind meine große Schwäche und bedeuten für mich in erster Linie vor allem mentales Training.

Daher habe ich mir für den 30er an diesem Samstag bereits eine ganz liebe Laufbegleitung organisiert und auf den 50km am Sonntag, die ich von Schmilka aus auf dem Elbradweg bis zu mir nach Hause absolvieren werde (ich hoffe nur, ich habe mich da nicht mit den km verrechnet), wird mich mein Mann mit dem Rad begleiten.

Für das darauffolgende Wochenende habe ich mich bereits mit meiner Lauffreundin Petra verabredet. Wir wollen gemeinsam noch einmal das langsame Laufen ein wenig üben, damit wir zum Mauerweglauf Anfangs nicht zu schnell sind und uns die Kräfte gut einteilen.

Die Spannung steigt so langsam an, eine leichte innere Unruhe macht sich breit und immer wieder die Frage: “Reicht es wirklich, hab ich genug gemacht, bin ich tatsächlich fit und bereit für diese Strecke oder habe ich mir da zu viel vorgenommen?“

Ich werde es wissen – irgendwann am 14. August 2016, wenn ich im Ziel angekommen bin.

Montag, 4. Juli 2016

Mein Weg zum zweiten Stern

Zeitiges Kommen sichert gute Plätze. Beim Start zu einem Lauf ist mir das für gewöhnlich egal, wenn es aber darum geht, in Fröttstädt einen guten Platz für ein großes Zelt zu bekommen, ist eine rechtzeitige Anreise von Vorteil.
Da wir noch Christian Kemper, den Organisator des Freiberger Nachtzechelaufes (http://nachtzechelauf.telonai.de) in Siebenlehn einsammeln wollten, war am Freitag morgen pünktlich um 9.00 Uhr Abfahrt in Dresden. Der Treff mit Chris klappte super und die Fahrt bis Fröttstädt verging wie im Fluge. Ankunft zum Thüringen Ultra wie geplant gegen 12.00 Uhr.





Noch sieht es hier recht leer aus, doch das änderte sich schnell im Laufe des Nachmittages.




Nach dem Zeltaufbau wollte Chris noch ein wenig ausruhen, entspannen, schlafen - je nachdem, was funktioniert. Er wollte schließlich die 100 Meilen laufen und hatte seinen Start für 20.00 Uhr geplant. Ein wenig zur Ruhe ist er wohl auch noch gekommen. Wir haben uns indes die Zeit damit vertrieben, einen Kaffee zu trinken, den leckeren Kuchen zu probieren und die "Neuankömmlinge" auf dem Zeltplatz zu begrüßen, die so nach und nach eintrafen. Gegen 18.30 Uhr kamen dann auch Petra und ihr Mann an und richteten sich häuslich bei uns ein. Die Startunterlagen für uns beide und unsere Männer, welche die Radbegleitung übernehmen wollten, hatte ich ebenfalls schon geholt.


 
















Ab 16.00 Uhr bis 22.00 Uhr erfolgte stündlich der Start für die 100-Meilen-Läufer, die wir natürlich unter großem Beifall und ehrfüchtig auf die Strecke schickten. Endlich war es auch für Chris soweit und er wurde mit allen guten Wünschen von uns verabschiedet. Vielleicht sieht man ja sich auf der Stecke. Er wollte nach Möglichkeit unter 24h ins Ziel kommen.

Aus der Erfahrung des letzten Jahres hatte ich gelernt, mir für die Nacht ein paar Ohrstöpsel mitzunehmen, damit ich die wenigen Stunden Schlaf, die ich haben werde, auch optimal nutzen konnte. So wurde ich dann nach ca. 4 1/2 h am Samstag morgen gegen 2:30 Uhr von meinem Mann geweckt. Wach ist um diese Uhrzeit definitiv etwas anderes. Aber gut, ich hab es ja so gewollt. Also aufstehen, anziehen und erst mal zum Frühstück. Ja - es gab Frühstück um diese Uhrzeit. Kaffee, Milch, Tee, belegte Brötchen, die Organisation ist einfache Spitze. Ich hatte mir jedoch mein Müsli mitgebracht, da ich so früh am morgen nicht viel essen kann und mir das Müsli dann immernoch am besten bekommt.
Viel Zeit bis zum Start war nicht mehr, die letzten Handgriffe wurden gemacht und dann ging es auch schon pünktlich um 4.00 Uhr los auf die 100 km Strecke. Geplant hatten wir so direkt nichts außer "nur" ankommen, insgeheim jedoch hofften wir schon auf eine Zeit um die 13:30h, hochgerechnet von der Zeit beim Borderland Ultra vor drei Wochen.






Auch unser Radbegleiter für die ersten ca. 21km war startklar.









Bereits am ersten VP in Sondra nach etwa 10km dämmerte der Tag heran. Es war bis hierher recht warm und schwül und ich befürchtete schon, dass dies die ganze Zeit so bleiben könnte. Doch ich sollte noch eines besseren belehrt werden.
Es lief von Beginn an gut und locker. Bis zum ersten VP ist die Strecke fast eben und nicht anspruchsvoll, erst danach geht es stetig bergan bis zum ersten richtig fetten Anstieg hinauf nach Ruhla, wo mein Mann, unser zweiter Radbegleiter, auf uns wartete. Die beiden wechselten hier und Gerd fuhr mit dem Auto, in dem Wechselsachen und diverse wichtige Kleinigkeiten verstaut waren, die nächsten VP`s an. Auf diesem Anstieg überholten uns die ersten der Staffelläufer, die eine Stunde nach uns gestartet waren. Aber auch wir hatten hier bereits die ersten 100-Meilen Läufer überholt. Das war ein sehr seltsames Gefühl, wusste ich doch, dass ich diese Läufer einen Tag zuvor unter Beifall mit auf die Strecke geschickt hatte und sie jetzt schon 14 und mehr Stunden unterwegs waren. Und dann kommen wir und ziehen recht locker an ihnen vorbei. Aber das haben wir nicht ohne ein paar aufmunternde Worte gemacht.
Danach kam der nächste Anstieg zur Glasbachwiese bei km 27. Dies war zugleich die erste Wechselstelle für die 4er Staffeln. Wir waren bis hierher mit einer 8er Pace unterwegs, also voll im Plan. Inzwischen war es jedoch merklich kühler geworden und ein leichter Regen hatte eingesetzt, der sich jedoch nicht all zu lange hielt. Die Zeit verging wie im Flug und schon kam der VP in Brotterode in Sicht. Diesen hinter uns lassend, verlief die Strecke nun quasi einmal um Brotterode herum, wieder stetig ansteigend bis zum VP6.

















Der Blick auf den Ort und die Schanzenanlage ist traumhaft.
Ab da verlief die Strecke leicht hügelig noch ca. 3km, danach bis zum nächsten VP in Brotterode-Trusetal immer nur abwärts auf einer alten Bahnlinie entlang, die zu einem Radweg umgebaut worden war.
Einer der 100-Meilen-Läufer freute sich für eine Weile über unsere Gesellschaft
Der Tunnel ist ein Überbleibsel der Bahnstrecke.



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Ein lautes Schreien auf einer Wiese ließ uns
zwischendurch aufhorchen. Nach kurzem
Suchen entdeckten wir das kleine Rehkitz auf
der Wiese neben der Strecke, das nach
seiner Mutter rief.








































Bergab ist ja ganz schön, aber fast 12km lang war das doch recht anstrengend auf die Dauer und so erreichten wir nicht nur im Sauseschritt das Tal und bei VP9 auch die Wechselstelle für die 4er und 2er Staffeln in Floh-Seligental, nein - ich erreichte hier auch mein ganz persönliches Tal. Inzwischen hatten wir über die Hälfte der Strecke geschafft, wir lagen super im  Zeitplan und ich wusste, jetzt geht es ersmal von 377m auf 737m innerhalb von 7km. Das wird ein langer, harter Aufstieg, somit hatte ich genug Zeit, auch mental wieder aufzusteigen. Oben beim VP10 an der Ebertswiese angekommen, wehte ein kräftiger Wind und auch der Regen setzte wieder ein. Hatten wir hier letztes Jahr noch in der Hitze gebrütet, so war mir jetzt regelrecht kalt geworden. Noch ein kleines Stück nach oben und dann darf ich wieder abwärts bis hinunter nach Tambach-Dietharz zum VP 11 und km 68. Der Singletrail nach unten erforderte volle Konzentration. Nach ein paar km Waldautobahn, vorbei am Schwimmbad des Ortes, kam der VP in Sicht. Komisch, letztes Jahr war das Bad rappelvoll, heute war hier keine Menschenseele.

Bevor es nach Tambach-Dietharz in den Ort geht, kann man auf der rechten Seite des Weges mehrere Teiche mit den herrlichsten Seerosen bewundern.
Kurze Rast und Verpflegung aufnehmen, was dieses Mal während des Laufes ohnehin recht gut klappte, und dann weiter, die nächste Steigung hinauf, wo wieder Gerd wartete, um sich mit meinem Mann bei der Radbegleitung noch einmal abzuwechseln. Mein Mann wollte nun ins Ziel fahren, um uns dann per Rad wieder entgegen zu kommen, damit wir alle vier gemeinsam im Ziel ankommen.  Am 12. VP in Finsterbergen, der letzten Wechselstelle der 4er Staffel, kam plötzlich ein heftiger Wind und starker Regen auf. Wir mussten uns kurzzeitig als Zeltanker betätigen, da den Leuten am VP fast der Pavillon davongeflogen wäre. Zum Glück war der Spuk recht schnell wieder vorbei und wir konnten weiter. Jetzt warteten noch einmal zwei sehr steile Bergabpassagen auf uns. Hier war Konzentration gefragt, um auf dem schmierigen Untergrund nicht wegzurutschen.
In Friedrichroda schließlich waren 80km geschafft, also nicht mal mehr ein HM noch. Und wie heißt es so schön:" Ein halber geht immer." Der Blick auf die Uhr und ein kurzes Rechnen, ein Blick zu Petra - ja wir waren immernoch locker auf einem 13:30er Kurs. Euphorie machte sich breit, doch noch hatte ich ein wenig Respekt vor dem letzten Teil der Strecke, der sehr eben verläuft und sich aus meiner Erinnerung vom letzten Jahr her scheinbar ewig hinziehen würde. Allerdings mussten wir zuerst nach Tabarz. Hier ging es durch den Ort, ein kleines Stück hoch und dann kam doch gleich das Tretbecken und somit VP13? Stattdessen noch mal ein Anstieg und noch einer, die es beide in sich hatten. Die musste ich wohl aus meiner Erinnerung vom letzten Jahr verdrängt haben. Aber egal, Augen zu und durch. Und dann endlich, nach noch einer Biegung und noch einer Treppe kam der ersehnte VP. Ab da ging es mir richtig gut, denn nun waren die schlimmsten Anstiege geschafft. Kurz hinter dem VP wartete dann auch schon mein Mann auf uns. Er hatte vor einer Weile noch Chris gesehen und ihn moralisch ein wenig aufgebaut.



Jetzt kam sogar die Sonne durch die Wolken und die Kornblumen im Getreidefeld leuchteten in einem wunderschönen Blau.

Der VP bei km95 ist der Oberhammer. Ein regionaler Radiosender ist hier sehr aktiv und so werden die Läufer schon von weitem persönlich begrüßt. Im Vorfeld hatte man die Möglichkeit, sich sein ganz spezielles Lied zu wünschen, was Petra auch wieder genutzt hat. So wurden wir mit den Toten Hosen und "Steh auf" empfangen. Was da noch mal für Energie freigesetzt wird, ist unbeschreiblich.





Keine Ahnung, warum ich im Vordfeld vor den letzten Kilometern durch das Gewerbegebiet so einen Schiss hatte. Es lief einfach super, wir waren noch recht flott unterwegs. Petra meinte nach einem Blick auf ihre Uhr, dass der Kilometer gerade in einer 5:56 wegging. Ich konnte es gar nicht glauben, nach so einem Lauf noch so flott unterwegs zu sein.
Dieser VP 1,5km vor dem Ziel war nicht offiziell sondern privat, aber sehr liebevoll und wurde natürlich von uns auch genutzt, obwohl jetzt eigentlich kein Bedarf mehr bestand. Doch die Leute, die an der Strecke wohnen, sind so herzlich und aufmerksam, dass wir da nicht einfach achtlos vorbeilaufen können.Wieder ein Blick auf die Uhr - wenn wir ganz gut sind, wird es sogar eine Zeit unter 13:20h.



Nun noch einmal um die Kurve, noch eine kleine Biegung und dann endlich kam das Ziel in Hör- und Sichtweite. Hand in Hand liefen Petra und ich ins Ziel, hinter uns unsere beiden Helden auf ihren Rädern. Am Ende blieb die Uhr für uns bei 13:15:03 stehen, was für Petra sogar Platz 1 in der AK bedeutete. Für mich ein unfassbares Ergebnis und ich brauchte eine ganze Weile, das wirklich zu realisieren.
 
Der erste Gratulant war Sören Schramm. Es folgten noch einige mehr, auch Chris war darunter. Ihn hatten wir unterwegs nicht überholt und darüber war ich auch gar nicht traurig. Er hat eine Wahnsinnszeit von 20:30:xx geschafft und ist sogar 2. in seiner AK geworden.

Es war wieder ein sehr schöner Lauf, mit viel Liebe und Einsatz organisiert und durchgeführt. Ein großes Dankeschön an alle Beteiligten und Helfer. Wir sehen uns nächstes Jahr in Fröttstädt garantiert wieder.